False Friends - Sie haben Post.

Vor einiger Zeit erhielt ich eine nette E-Mail mit einem Kooperationsangebot eines mir unbekannten Autors, der mich für die Zusammenarbeit an einem neuen Buchprojekt gewinnen wollte. Ob die Zusammenarbeit für ein neues Buchprojekt gelten sollte oder nicht, ging nicht ganz klar aus der Mail hervor, und desto aufmerksamer ich das Ganze las, desto unklarer und eigenartiger wurde das ganze Angebot.

Doch kommen wir zuerst zum weiteren Inhalt der Mail.

Nachdem mir der Autor gesagt hatte, was er von mir wollte, schilderte er, was er bisher im Alleingang veröffentlicht hatte und wie gut seine bisherigen Bücher (Auch das wurde nicht ganz klar.) beim Publikum angekommen seien und was er für die Zukunft an Projekten plane. Namentlich das Buch, für das er mich für eine Zusammenarbeit gewinnen wollte und ein Kinderbuch.

Dann ging er, recht kurz darauf ein, warum er überhaupt eine Koautorin für sein Projekt gewinnen wollte. Die Erklärung lautete einfach und simpel, dass es einer weibliche Perspektive bedürfe, die er, als Mann, nicht beisteuern könne. Aber da ich ja eine Frau sei, mitten im Leben stehend, könnte ich da sicherlich helfen, und natürlich würden die Rechte und der Profit des Buches 50/50 gesplittet werden.

So…. Und das war es. Alles, was noch folgte, war eine Unterschrift, ein Name, den ich noch nie gehört hatte, aber hey… ein Angebot für eine Kooperation! Das ist super! Oder nicht?

Für circa 5 Sekunden brach ich in Freudentränen aus, dann gewann die Skepsis wieder die Oberhand.

Zum Glück! Denn nach noch einer weiteren Durchsicht der Mail erschien mir das Ganze, trotz aller Unklarheiten, doch ziemlich klar.

Bei der Mail handelte es sich um einen Scam.

Ein sehr sichtbarer Scam, denn es gab mehrere Sachen, die irgendwie nicht passten und welche das sind, will ich hier kurz durchgehen, damit auch ihr weiterhin skeptisch bleibt und nicht auf solche falschen Freunde und falschen Angebote hereinfallt, wenn sie doch in eure Mailbox erscheinen.

Als Erstes habe ich mich gewundert, dass es mich getroffen hat. Sicher, es ist nicht das erste Mal, dass ich von solchen „Angeboten, die zu gut zum Ausschlagen sind“, gehört habe. Wenn man länger in der Autorenwelt unterwegs ist, wird man immer wieder sehen, dass diese Autorin, dieser Autor so ein Angebot bekommen hat. Man wird ebenfalls mitbekommen, dass diese Angebote durchaus in verschiedener Gestalt daher kommen können, gleich der Stiefmutter in Schneewittchen, die auch nicht immer das gleiche Kostüm wählt, um ihre Stieftochter vom Leben zum Tod zu befördern. Mal ist es das Angebot für eine Buchkooperation, mal für einen Blogartikel oder es ist ein Verlag, der auf einen aufmerksam wurde und der einem anbietet, das nächste Buchprojekt zu verlegen. Also, dass es das gibt, wundert mich nicht. Was mich wundert, ist, dass ich von so einem Abzocker angeschrieben wurde, denn, meiner Beobachtung nach, trifft es eher die Großen der Branche. Mit einem kleinen Licht wie mir bringt das ja keinen Spaß, da fallen maximal ein paar Cents ab. Dass die jetzt also auch bei mir vorbeikommen sollte mich wohl Mitleid mit dem Abzocker empfinden lassen oder nicht? Wie schlecht müssen die Geschäfte gehen, wenn sie selbst mich anschreiben?

Egal… was mich also skeptisch machte war der Gedanke, dass ich gar nicht verstehe, warum der MICH anschreibt?

Nun… auf die Frage bekam ich keine Antwort. Also keine wirklich befriedigende. Die einzige Info, warum er mich anschrieb, war ja, dass ich, rein zufällig, eine AutorIN bin und daher die gesuchte weibliche Perspektive zu seinem Buchprojekt beisteuern kann. Darüber hinaus gab es keine weitere Begründung dafür, warum seine Wahl ausgerechnet auf mich gefallen war. Kein Hinweis darauf wie er auf mich gekommen ist, ob wir vielleicht im gleichen Genre unterwegs sind, ob er etwas von mir gelesen hat, das ihm gefiel und daher die Idee gab, dass meine Art zu Schreiben zu seinem Projekt passt. Für das Angebot einer Kooperation muss es fundierte Gründe geben. Also mehr als nur ein „Du bist eine Frau, ich brauche eine weibliche Perspektive, hier, willste mitspielen?“. Das reicht nicht.

Doch das war nicht das Einzige, was mich skeptisch machte.

Der nächste Punkt war, dass ich seinen Namen überhaupt nicht kannte. Obwohl er angab, dass er bereits etwas veröffentlicht hatte und das es gut angekommen war. Wie geht das? Wenn ein Buch gut ankommt, heißt das, dass viele Leute es lesen. Wenn viele Leute das Ding lesen, heißt das, dass der Name in aller Munde und demnach bekannt ist. Dennoch sagte mir sein Name überhaupt nichts.

Hmmmmm…. Komisch…..

Also fing ich an zu schauen, was ich zu dem Kerl fand. Erst in der Mail, dann im Netz, weil seine Mail keine weiteren Anhaltspunkte oder Infos enthielt. Weder zu ihm, noch zu seinem bereits veröffentlichtem Buch, noch zu den anderen Projekten. Kein Titel, keine Genreangabe, keine Angabe dazu, wer bereits gelesen hat, wo man es finden könnte, wo er es herumgezeigt hat... Was es auch nicht gab, waren Links zu seinem veröffentlichten Buch, zu Rezensionen oder Buchbesprechungen. Es gab keine Angaben zu einem Blog von ihm oder sonstiger Social Media Präsenz. Nichts. Was den Eindruck von „Hmmmm….Komisch….“ nur noch verstärkte, denn wer bitte hat heute so gar keine Netzpräsenz? Beziehungsweise, wer bitte nennt seine Webpräsenz nicht? Ja, niemand. Genau. Und warum? Weil Autor*innen darauf angewiesen sind, sichtbar zu sein. Ebenso wie die Bücher sichtbar sein müssen. So keine Angaben dazu und noch dazu ein unbekannter Name? Sorry, aber das stinkt nach einem Betrüger.

Ich suchte dann das Netz ab, doch zu ihm selbst fand ich nichts. Ich fand lediglich einen Facebook-Eintrag zu seinem veröffentlichtem Buch, der dem entsprach, was er mir auch in der Mail geschrieben hatte.

Wenn ich bis dahin noch nicht genervt und skeptisch gewesen wäre, das wäre der späteste Zeitpunkt gewesen, es zu werden.

Alles in allem? Die Mail war voll von Text und trotzdem bar jeder Antwort.

Antwort auf die Frage, warum er mit mir kooperieren möchte. Antwort auf die Frage, wie er mich gefunden hat oder wer er ist. Antwort auf die Frage, was genau sein Buch ist, wo ich es finden könnte, wer er ist.

Es war alles sehr, sehr vage. Und mies geschrieben, so dass nach der ersten Freude nur noch Skepsis blieb. Daher ein genereller Ratschlag: bleibt skeptisch. Immer.

Lest euch aufmerksam durch, um was es geht.

Klappert die Fragepunkte ab, seht, ob ihr Antworten darauf bekommt.

Recherchiert die Angaben im Netz, ob etwas vorhanden ist und schaut euch an, wie es aussieht, schließlich kann man auch Blogs und Webseiten heute in Null Komma Nichts hochziehen.

Fragt euch, ob ihr von dem Verlag, dem Autor bereits gehört habt.

Wenn nicht, wenn ihr nichts von euren Fragen beantworten könnt, bzw. wenn euch keine eurer Fragen beantwortet werden, lasst die Finger davon!

Habt auch ihr schon nette Kooperationsangebote von anderen Autoren oder Verlagen erhalten? Was hat euch stutzig gemacht? Oder habt ihr sogar darauf geantwortet? Schreibt es in die Kommentare, und wir lesen uns nächsten Monat wieder.

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Gruseln, Gänsehaut und das Schreibhandwerk