Blockierte Autor*in- Teil 2

Letztes Mal hatten wir die Frage erörtert, ob man als Autor verlernen kann kreativ zu sein und wie man „einfache“ Schreibhindernisse (Mangel an Zeit, Energie) aus dem Weg räumen kann.

Wenn eurer Problem daran liegt, dass ihr mehr schreiben wollt, aber es irgendwie nicht auf die Kette bekommt, schaut euch den ersten Teil des Artikels an, da werdet ihr Anregungen finden, wie ihr mehr und kontinuierlicher schreiben könnt.

Ist eurer Problem aber größerer und fieserer Natur, aka eine ausgwachsene Schreibblockade, naja, dann helfen auch Schreibroutinen nichts mehr und dann müssen wir tiefer gehen. Gleich aber vorweg kann ich schon mal festhalten: ich glaube nicht, dass ihr (also eigentlich wir) schreiben könnt, weil ihr nicht mehr kreativ seid. Das eher nicht.

Schließlich habt ihr in der Vergangenheit schon geschrieben. Oder wenn ihr noch komplett neu sei, vermutlich sprudelt ihr durchaus über vor Ideen, Bilder und Figuren im Kopf, Szenen, die sich da abspielen, aber irgendwie bekommt ihr das Zeug aus dem Kopf nicht auf das Blatt / in den Laptop. Oder aber der Kopf ist komplett leer, wenn ihr auch nur an das Schreiben denkt? Eben war alles noch bunt und laut und da und dann puff… alles weg! Vielleicht bekommt ihr noch Artikel für den Blog hin (wie diesen hier), aber sobald ihr euch an das eigentliche Projekt setzt ist alles aus?

Die Voraussetzungen unter denen eine solche Blockade ereilt sind völlig unterschiedlich.

Und so unterschiedlich sie auch sind, so unterschiedlich sind ihre Wurzeln und damit die Lösung dafür. Denn hier geht es nicht um technische Aspekte, wie z.B. zu wenig Zeit zu haben oder nicht zu wissen, was eine Drei Akt Struktur ist. So ein Zeug kann man relativ einfach recherchieren und damit die Unsicherheit und die Blockade beheben. Nein, wenn es mit so etwas nicht getan ist, wenn alles Handwerkszeug vorhanden ist, dann hat man es mit einer echten Schreibblockade zu tun, die eher psychische Gründe hat.

Das können teilweise bis zur Unkenntlichkeit verkleideten Selbstzweifeln sein, bis hin zu den guten altmodischen gesundheitlichen Problemen, die einem die Energie rauben. Natürlich sollte letztes durch einen Besuch beim Hausarzt oder Spezialisten wieder eingerenkt werden können, bzw. wenn es chronisch ist, sollte man lernen können damit umzugehen, herausfinden können, wie viel Saft noch im Akku ist und diese Energie verwalten lernen, so dass die Energie irgendwann auch wieder für die Dinge reicht, die man gern macht. Sollte euer Problem allerdings der gute alte Selbstzweifel sein, naja, dann dauert das alles etwas länger und erfordert deutlich mehr Tricks und Tipps, ehe es wieder bergauf geht und nicht jeder Tipp ist für jeden der Richtige. Wie bei dem richtigen Zeitpunkt muss man auch hier probieren und sehen, was einem weiterhilft.

Tipp von mir: die Erkenntnis, dass man nicht allein ist mit den Selbstzweifeln macht schon viel mit einem.

Richtig gelesen. Selbstzweifel sind kein Alleinstellungsmerkmal.

Viele Autor*innen haben sie. Sogar die richtig erfolgreichen. Und die Künstler anderer Branchen haben sie auch. Von daher scheinen Selbstzweifel also irgendwie eine normale Fabrikeinstellung bei Künstlern jedweder Art zu sein.

Die Gründe für mögliche blockierende Zweifel?

Sind vielfältig. So vielfältig wie die Blockierten selbst. Hier nur ein paar:

Mangel an Reaktionen oder Mangel an guten Reaktionen

Stell dir vor du schreibst fleißig Zeile um Zeile. Und das seit Jahren. Aber niemand interessiert sich für das, was du schreibst. Niemand liest den Blog, niemand oder fast niemand kauft deine Bücher, geschweige denn, dass du Bewertungen bekommst. Wie fühlt sich das an? Mies? Frustrierend? Lässt das Zweifel aufkommen? Die Frage, was man falsch macht?

Der Mensch braucht Rückmeldungen, egal, was er tut. Noch besser ist es, wenn die Rückmeldungen positiver Natur sind. Wenn nicht, dann braucht es mindestens fünf gute Kritiken, um die eine negative Kritik auszugleichen, einfach weil der Mensch, das dumme Tier, darauf trainiert ist vorrangig das Schlechte, dass ihm (vermeintlich) gefährlich werden kann zu sehen. Da haben wir ihn also wieder den effektiven, verengten Blick.

Mangel an Rückmeldungen oder fast nur negative Rückmeldungen können also der Grund für eine Blockade sein, weil man entweder gefrustet von der scheinbar sinnlosen Arbeit ist oder, dank negativem Feedback, in einem Schutzmodus gefangen ist. Der Selbstzweifel, die Angst, die das negative Feedback auslöst, möchte uns vor weiteren Rückschlägen schützen, denn Rückschläge fallen in das uralte Muster der Angst vor Auschluss und Verlassen werden. Etwas, dass in der Steinzeit tödlich sein konnte. Ob es das heute auch noch ist, darüber können wir debattieren, andererseits sind uns andere alte Ängste, wie etwa die vor Spinnen, Schlangen und Hunden ebenfalls noch erhalten. Also, Ängste werden nicht so schnell abgelegt, was also tun?

Nehmt die Zweifel, die Angst an und macht euch klar, die sind nicht gemein, die wollen helfen.

Plus, ihr seid nicht allein damit. Das haben alle.

Außerdem können Zweifel durchaus helfen.

Ein kritischer Blick auf den eigenen Text muss nicht immer schlimm sein. Im Gegenteil, er kann zu Verbesserungen beitragen, dazu sich doch noch mal das eine oder andere an Handwerkszeug anzueignen, über die Figuren nachzudenken, die Dialoge zu prüfen. Aber natürlich sollte der Zweifel nicht überhand nehmen und alles mit dem Perfektionsanspruch totschlagen.

Gleichzeitig kann es helfen wenn wir, wie bei der Kreativität, lernen den Blick zu verändern und ihn gezielt auf die guten Dinge lenken. Also die Stellen, die Dialoge die einem besonders gut gelungen sind. Oder aber, wenn es Rückmeldungen gibt, nur die lesen, die auch positiv sind. Ja, es mag auch negative Rezensionen geben, aber wo ist das Gesetz, dass besagt, dass man sich den Mist auch durchlesen muss?

Was man auch tun kann ist Fehler in den Werken anderer Leute zu suchen. Um zu lernen, dass niemand perfekt ist, egal wie sehr wir das denken Aber Achtung: wenn ihr das macht, bitte vergleicht euch nicht. Bitte macht hinterher nicht eine Aufstellung mit Fehlern in eurem Text und in fremden Texten, um zu schauen, wer besser abgeschnitten hat. Vergleichen kann zu noch mehr Zweifeln führen, statt dass es hilft!

Überhaupt: Vergleichen

Sollte man lieber sein lassen. Denn in der Regel vergleichen wir uns mit anderen Personen, am besten noch mit solchen, zu denen wir selbst aufschauen. Also Leute von denen wir annehmen sie haben etwas drauf, was bei uns noch nicht so klappt.

Was wir bei der Betrachtung oft außen vorlassen ist, die Antwort auf die Frage warum es bei den anderen Leuten klappt und bei uns nicht. Das können diverse Gründe sein. Sei es jemand schreibt mehr als ich, weil er eine reiche Erbtante hat die ihn finanziert und deswegen muss er keinen 40 Stunden Job machen, der ihm kaum Energie für das Schreiben lässt. Oder jemand macht einen Job schon seit x Jahren, kann deswegen alles aus dem Handgelenk schütteln, während du gerade erst angefangen hast und noch alles lernen musst. Ist doch klar, dass der Mensch mit mehr Erfahrung besser und schneller zurecht kommt, als der blutige Anfänger. Aber all das vergessen wir sehr oft, wenn wir uns vergleichen, was dann zu einem verzerrten Wettbewerb führt, der uns am Ende nur schaden kann. Daher: bitte nicht vergleichen.

Wenn überhaupt, dann vergleicht euch mit eurem alten Selbst!

Das wiederum kann (unter Umständen) förderlich für das Selbstbewusstsein sein, denn nichts bringt einem mehr Freude, als wenn man sieht, was man alles geschafft hat, was man in X-Zeit gelernt hat. Daher, Vergleiche mit dem früheren Selbst kann man durchaus machen. Es sei denn zwischen dem Zeitpunkt X und heute hat das Leben zugeschlagen und ihr würdet bei dem Vergleich heraufinden, was ihr alles NICHT gemacht habt oder was ihr alles NICHT mehr könnt oder noch nicht wieder könnt. Das wäre dann auch wieder der Schuss in den eigenen Fuss, in dem Fall also Finger weg davon. Da dann doch lieber wieder den Blickwinkel ändern und lieb zu sich selbst sein, wenn es um die Beurteilung der eigenen Person und Leistung geht und sich ansehen, was man alles TROTZ der jeweiligen Ohrfeige des Lebens geschafft hat und versucht und das als Erfolg werten und feiern.

Und das bringt mich zur nächsten Sache: Erfolg. Was ist das?

Nun, alles was ihr wollt und als solches definiert.

Demnach kann man festhalten, dass es den Erfolg an sich also nicht gibt, wenn wir alle etwas unterschiedliches darunter verstehen. Und das ist auch gut so, denn wie wir bereits wissen, niemandes Leben ist gleich. Daher kann auch der Erfolg nicht gleich sein. Weder die Art noch die Wichtigkeit des jeweiligen Erfolgs. Zum Beispiel, wenn ihr ein Profi im Laufsport seid, dann wird es ein Erfolg für euch sein, wenn ihr einen Marathon rennen könnt. Ein oder zwei Schritte oder einen Spaziergang von 15 Minuten werdet ihr als Erfolg verwerfen. Für jemanden der frisch aus dem Krankenbett kommt sieht die Sache anders aus. Der erste Gang an die frische Luft ist ein Event und ein haushoher Erfolg, der dann am Ende auch seinen Tribut fordern wird, wie der Marathon vom Profi.

Beides Erfolge, beide unterschiedliche Voraussetzungen, beide unterschiedlicher Natur.

Welchen sollte man jetzt mehr feiern?

Meine Sympathie liegt ja klar bei dem Kranken, der wieder die ersten Schritte macht. Ich finde, der hat mehr zu feiern als der Profi, der das Pensum gewohnt ist und nicht so viel reinstecken muss. Aber der Profi und seine Sponsoren werden das natürlich anders sehen und Kranke werden selten in der Presse für ihren Gang um den Block gefeiert.

Fazit: Erfolg ist zutiefst persönlich und alles ist erlaubt. Wenn ihr wollt könnt ihr euch für jedes Wort, dass ihr auf das Papier, digital oder echt, bringt feiern. Für jedes Mal, wo ihr euren Schreibtermin eingehalten habt, klopft euch auf die Schulter. Wenn ihr euch ein 15 Minuten Pensum vorgenommen habt (ja, das Pensum kann durchaus so kurz sein, wenn ihr zu kämpfen habt) und ihr habt es geschafft oder sogar länger geschrieben: Glückwunsch! Macht ein Fass auf! Feiert euch. Für jeden eingehaltenen Termin, für jede Überwindung! Lasst es euch hinterher gutgehen und von der positiven Verstärkung / Konditionierung helfen, um auf Dauer durchzuhalten.

Es muss nicht immer etwas Großes sein, dass ihr euch gönnt und viele sagen auch, dass sie die größte Freude und den richtigen Kick aus dem Ergebnis ziehen, wenn sie ihr Buch, das Cover (für mich waren es immer die Cover, warum auch immer) in den Händen halten, bzw. sehen. Das löst dann eine unglaubliche Freude aus, die einen Motivationsschub bewirkt, der sonst mit nichts zu vergleichen ist. Mag sein, aber das es bis dahin ein weiter und je nach Lebenssituation ein steiniger Weg sein kann, gönnt euch unterwegs mal was, es sei denn ihr habt ein Umfeld, dass das positive Feedback und das Loben für euch übernimmt, wovon ich nicht ausgehe, sonst würdet ihr nicht den Beitrag hier lesen. Also, wenn ihr niemanden habt, der euch auf die Schulter klopft, klopft selbst.

Weiterbildung

Noch ein weiterer Punkt der für eine Blockade sorgen kann: zu viele Ratschläge, zu viele Schreibtipps.

Und ehe ich mit dem Punkt weitermache betone hier: SchreibTIPPS! Nicht SchreibGESETZ!

Schreibtipps (ja, auch meinen!) kann man folgen. Man muss aber nicht. Klar? Gut, dann machen wir weiter. Mit Bildung. Was an sich immer gut ist, denn, wenn man sein Handwerkszeug nicht beherrscht, hat man es doppelt schwer. Daher, ein gewisses Rüstzeug ist gut und wenn ihr ein konkretes Problem habt ist auch die Recherche nach einer Lösung cool.

Uncool ist dann aber die Aufregung und der Anspruch ALLE Tipps die man so sieht sofort und womöglich noch gleichzeitig umsetzen zu wollen.

Das Vorgehen gleicht einem Pferd au dem Eis. Glatte Oberfläche, zu viele Beine, Verwirrung pur, Chaos und, als logische Folge, der Zusammenbruch.

Wenn ihr euch weiterbildet, dann langsam. Schaut euch die Tipps an, wählt aus, womit ihr meint, dass ihr klarkommen könnt, probiert und dann zieht ein Fazit ob es passt. Wenn ja, hey, Glückwunsch. Wenn nicht, tja, weitersuchen, es wird schon etwas geben, was euch hilft. Ganz sicher. Denn, so wie es tausend Geschichten gibt, gibt es auch tausend Ansätze sie zu schreiben und tausend Lösungen für mögliche Probleme. Was vermutlich der beste Abschlusssatz ist, den ich hier posten kann und den ihr im Gedächtnis behalten solltet: Es gibt nicht nur einen Weg. Es gibt tausende! Sucht euch den, der für euch funktioniert!



Solltet ihr noch Tipps und Tricks haben um eure Zweifel zurück in den Keller zu treiben und ihr möchtet sie teilen? Immer her damit in den Kommentaren! Ansonsten lesen wir uns demnächst wieder.

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Lessons learned – Erfahrungen aus meinen Veröffentlichungen

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Blockierte Autor*in - Teil 1