Betaleser? Ja! Aber, was frage ich sie?
Da ich es neulich schon mal mit Betalsern hatte und wofür ein Autor sie braucht, wende ich mich nun der Frage zu, nach welchen Details ich sie meine Geschichte untersuchen lasse. Doch bevor ich noch weiter rede, hier mein Fragebogen:
1. Was denkst du, was das Thema der Geschichte war?
2. Woran, an welche Szene oder an welches Kapitel erinnerst du dich am besten?
3. Warum ist dir diese Szene oder das Kapitel im Gedächtnis geblieben? Was hat dir daran gefallen? Was hat dir nicht gefallen?
4. Welche der Figuren hat dir am besten gefallen?
5. Warum hat dir dieser Charakter so gut gefallen?
6. War einer der Charaktere zu auffällig? Wirkte er unecht?
7. Mit welcher der Figuren konntest du dich identifizieren?
8. Ab wann konntest du dich mit dieser speziellen Figur identifizieren und warum? Was hast du verstanden an der Figur? An ihren Meinungen?
9. Wurden in dem Buch Fragen aufgeworfen, die nicht beantwortet wurden? Wenn ja, welche?
10. Gab es Stellen in dem Buch, die du gern gekürzt sehen würdest?
11. Gab es Stellen in dem Buch, von denen du gern mehr hättest?
12. Gibt es sonst noch Dinge an dem Buch, die du gern ändern würdest, wenn du könntest?
Wie man sehen kann, besteht der Fragebogen aus insgesamt zwölf Fragen, die sich um den Inhalt des Buches, aber auch um die Figuren drehen.
Ziel des Ganzen ist es herauszufinden, was der Leser möchte, was ihm an einem Buch gefällt, was nicht, wovon er mehr möchte und was Figuren mitbringen müssen, um einem Leser im Gedächtnis zu bleiben oder um von ihm geliebt oder gehasst zu werden.
Für mich persönlich ist bei einer Geschichte nichts so wichtig wie die Figuren und die Handlung. Handelt es sich bei der Geschichte, die ich lese, um eine Fantasystory, dann darf es auch schon gern mal bunt zugehen und die reale Welt darf aus den Fugen geraten. Handelt es sich bei dem Buch das ich lese aber um einen Liebesroman, finde ich nichts schlimmer, als wenn der Autor Figuren zusammenwirft, die eigentlich nie hätten zusammen kommen können. Für mich ist bei Geschichten, die in dieser Welt spielen, wichtig, dass es logisch ist, warum ausgerechnet diese Figuren übereinander stolpern. Deswegen frage ich mich als Autorin bei meinen eigenen Geschichten immer danach, ob es möglich wäre, dass Figur A Figur B begegnet, denn nichts ist schlimmer als total abgehobene Szenarien. Deswegen lege ich bei meinem Fragebogen Wert darauf zu erfahren, ob die Figuren künstlich gewirkt haben, ob sich der Leser mit der Figur, die er am besten fand, identifizieren konnte oder nicht.
Genauso wichtig ist mir aber auch die Frage, ob die Botschaft, die ich mit dem Buch vermitteln wollte, angekommen ist oder nicht. Deswegen gleich zu Beginn die Frage nach dem zentralen Thema des Buches.
Der schlimmste Fall bei der Antwort auf so eine Frage ist, dass nicht nur die Botschaft an sich nicht verstanden wurde, sondern, dass im Gegenteil noch zusätzliche Fragen im Text aufgeworfen wurden, die nicht geklärt wurden. Nichts ärgert oder verwirrt Leser so sehr wie übersehene Chekov Guns. Wobei das Gemeine an eben jenen ist, dass man sie als Autor wegen all der Information die man über die Figuren und deren Hintergrund gern mal überliest. Doch genau dafür besorgt man sich die Betaleser, damit sie einen notfalls mit der Nase drauf stoßen und einem sagen, dass man hier und dort Andeutungen im Text macht und dann aber nichts kommt. Wobei ich sagen muss, wenn ich darüber nachdenke, ist so ein Hinweis nicht immer Grund zum Ärgern. Oft kann so eine übersehene Chekov Gun auch eine Möglichkeit sein, den Text zu bereichern, die man bisher noch nicht bemerkt hatte. Es muss also nicht immer negativ sein, wenn man als Autor auf Fehler im Text hingewiesen wird.
Abgesehen davon, dass der Fragebogen das jetzige Buchprojekt auf Herz und Nieren testet, ist er auch für kommende Buchprojekte hilfreich, denn mit den Fragen, was die Leser an dem Buch mochten, was nicht und wovon sie sich mehr wünschen würden, kann man als Autor Rückschlüsse auf die Leserschaft ziehen und sich dann ihrem Geschmack anpassen. Das mag sehr nach Marketing klingen, ist aber interessant, denn nichts ist schlimmer als ein Autor, der keine Ahnung von seinem Publikum hat und konstant und meilenweit an dessen Wünschen vorbeischreibt.
In diesem Sinne, das nächste Mal gibt es einen Einblick in die Praxis, also Erfahrungen darüber, wie die Betaleser sich geschlagen haben und wie es mir dabei ging.