Betaleser: Lerne mit der Kritik umzugehen!

In meinem letzten Blogpost habe ich über meine ersten Erfahrungen über das Arbeiten mit Betalesern berichtet. Dabei habe ich angesprochen, was ich bisher für Feedback bekommen habe und was gut an der Zusammenarbeit mit Betalesern ist. Nun komme ich zu einer weniger netten Seite, die sich zwangsläufig ergibt, wenn man sich mit seinem Text an die Öffentlichkeit wagt: Kritik.

Früher oder später wird jeder damit konfrontiert werden, weswegen es wichtig ist, einen Weg zu finden damit umzugehen und sich zu fragen, was für Kritik man annehmen möchte oder muss und welche nicht.

Um das zu herauszufinden, muss man drei Dinge festhalten:

1. Es gibt konstruktive Kritik.

2. Es gibt destruktive Kritik.

3. Kritik an Rechtschreibung und Zeichensetzung diskutiert man nicht, sondern überprüft das und verbessert es, wenn nötig. Da man zum dritten Punkt nichts mehr sagen muss, erkläre ich jetzt kurz die ersten beiden Punkte. Was ist konstruktive und was ist destruktive Kritik?

Konstruktive Kritik ist eine Kritik, einen weiterbringt. Sie bemängelt nicht nur etwas, sondern zeigt einem Auswege aus dem Dilemma.
Ein Beispiel:

“Gleichfalls”, sagte Charlotte und funkelte Norah angriffslustig an. Schnell griff Tom nach ihr und schob sie von Norah weg. 
“Nett dich getroffen zu haben!”, rief er 
Norah zu, während er eine widerspenstige Charlotte vor sich her ausser Reichweite von Norah schob.
“Ebenso, Tom. Du siehst schlecht aus!“, gab 
Norah böse lachend zurück und entfernte sich dann mit ihrem Trupp in die entgegengesetzte Richtung, ihre lange Mähne nach allen Seiten werfend.

In der Begleitmail zu den Korrekturen legte mir die Betaleserin nahe, statt ständig den Namen zu nennen, lieber andere Bezeichnungen für „Norah“ zu finden. Zum Beispiel: „Die Blondine“ oder „Thomas Exfreundin“ oder aber schlicht den Namen durch ein „sie“ zu ersetzen. Das war konstruktive Kritik, denn sie hatte mir nicht nur gezeigt, was ich falsch gemacht hatte, sondern in ihrer Mail, zeigte sie mir einen Ausweg. 
Destruktive Kritik hingegen ist die Art von Kritik, die das Gegenüber angreifen und erniedrigen möchte oder aber den Kritisierten ratlos zurücklässt. Auch hier wieder ein Beispiel:

Charlotte nickte. "Vermutlich” Mit Mühe kämpfte sie die aufkeimende Wut nieder, die sich von ihrem Magen her in ihr auszubreiten begann. Was glaubte die Kleine eigentlich, wen sie hier vor sich hatte? [die ist woh so betrunken, dass sie den Akzent nicht wahrnimmt? Beruf verfehlt] Charlotte stutzte und schoss einen Seitenblick zu der Reporterin rüber. Moment! Die Gute wusste gar nicht, wer sie war [Ach ja? Eine geniale Schlussfolgerung jetzt, nach der ganzen Unterhaltung. Bravo! Charlotte ist in Wirklichkeit sehr clever, ja das ist sie] ! Sie hatte nicht den geringsten Verdacht! Sonst hätte sie ihr all das gar nicht erzählt, wenn sie gewusst hätte, aus welchem Lager Charlotte stammte. [Boah, was soll ich noch sagen]

Wie man in dem Beispiel sehen kann, neigt die Leserin dazu ironische Kommentare abzugeben. Etwas, dass privat lustig sein mag, als Autor aber bringt es einen nicht weiter, denn was soll man mit dem Kommentar anfangen? Eben, nichts.

Nun zu den Fragen: Wenn man mit Kritik konfrontiert wird, wie geht man damit um und was von den Anregungen der Betaleser übernimmt man und was nicht?Mit Kritik umzugehen ist schwer. Egal wie professionell man ist, es trifft immer ins Herz und macht wütend. Was kann man in so einem Moment tun?
Nicht antworten! Also zumindest zuerst einmal nicht.
Wenn man sauer ist, tendiert dazu mit gleicher Münze heimzuzahlen und das möchte man nicht. Im Falle der Betaleser hat man selbst darum gebeten kritisiert zu werden, man braucht diese und zukünftige Kritik des Lesers, um weiterzukommen. Wenn man auch in Zukunft noch mit dieser Person zusammenarbeiten möchte, wird es kaum förderlich sein, wenn man sie im Eifer des Gefechts beschimpft.
Hinzukommt, dass man oft das Positive in einer Kritik übersieht, wenn der Verstand von der Wut vernebelt ist, weil man sich in dem Moment nur auf das Negative konzentriert.

Deswegen, nicht ausflippen, beiseiteschieben und abregen, dann erst antworten. Wichtig bei Kritik ist, sich vor Augen zu halten, dass der andere einen nicht beleidigen wollte. Zumindest nicht in normalen Fällen. Der Kritiker hat nur seine Meinung geäußert. Betonung auf „seine Meinung“. Denn genau das ist es: Seine Meinung. 
Was heißt, ich muss die Kritik, die geäußert wird nicht annehmen. Ich darf mein eigenes Ding machen, ich kann aber auch darüber nachdenken und etwas verändern, wenn ich entscheide die Kritik anzunehmen.

Das bringt uns direkt zu der Frage, was von den Anregungen ich übernehme und was nicht. Jeder Autor wird seinen eigenen Weg finden, bei mir gibt es nur zwei Regeln:

1. Rechtschreibung / Zeichensetzung? Übernehme ich.

2. Desto mehr Leute etwas kritisieren, desto eher wird es übernommen.

Wir alle wissen: Man kann es nicht jedem Recht machen! Was eine Leserin mag, wird eine andere ablehnen. Also, habe ich für mich entschieden, dass ich die Dinge übernehme / ändere, die von vielen Leserinnen kritisiert wurden. Wenn es etwas gibt, dass viele nicht verstehen oder leiden können, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass es im fertigen Buch ebenfalls nicht gut ankommt und es besser wäre, es zu ändern, es sei denn, man möchte es sich mit seinem Publikum verderben.

In diesem Sinne ich hoffe, ich konnte helfen und ihr bleibt mir auch weiterhin treu, wenn es weitergeht mit „Lotte in London“. Schließlich braucht das Buch noch die allerletzte Überarbeitung, ein Cover und einen Veröffentlichungstermin.

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Rezension “Die Erzähler” von Ursula Le Guin

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