Patchwork

Vor ein paar Tagen bin ich auf Twitter über einen Hinweis auf eine weitere Software für Autoren gestolpert. Sie trägt den schönen Namen Patchwork und soll ein Buchprojekt von der Idee, bis zur Konvertierung realisieren, ohne auch nur in einem Zwischenschritt auf ein weiteres Programm angewiesen zu sein.
Gleich zu Beginn positiv zu Patchwork zu bemerken: Es gibt eine Demoversion, die man für dreißig Tage kostenlos nutzen kann, was mir die Chance gibt das Programm auf Herz und Nieren zu prüfen.

Kosten:

Sollte ich das Programm über die Zeit der Testphase hinaus nutzen wollen, stehen mir, laut dem Anbieter, zwei verschiedene „Versionen“ zur Verfügung.
Die erste Version kostet knappe sechzig Euro und enthält neben den speziell für Autoren entwickelten Features (Mindmapping, einbetten der Recherchen, Entwicklung der Figuren mit einem Steckbrief, sowie einbetten der Figuren in die Mindmap, Gliederung des Textes in Kapitel und Szenen…)einen Thesaurus, eine Grammatik- und eine Rechtschreibprüfung.
Die zweite Version, die fast hundert Euro kostet, hat neben den Features die ihre günstigere Vorgängerin mit sich bringt noch zusätzlich eine Duden Applikation bei, dass heißt die Rechtsschreib- und Grammatikprüfung arbeitet nach Dudenstandart.
Zur Information: Die meisten „normalen“ Schreibprogramme verfügen heute über Sprachtools, die ähnliche Aufgaben übernehmen können. Möchte man auf Nummer sicher gehen, hat man die Wahl seinen Text der Rechtschreibprüfung der Duden Seite anzuvertrauen. Das ist zwar etwas langwieriger, führt aber am Ende auch zu dem gewünschten Ergebnis. Was den Thesaurus angeht, so ist auch diese Funktion in den meisten Schreibprogrammen vorhanden, wenn nicht, kann man einfach im Internet nachgucken.
Die Frage ist hier also, warum ich gute sechzig, wahlweise hundert Euro für ein Schreibprogramm ausgeben sollte?

Features oder Bug:

Vielleicht gibt diese Kategorie Aufschluss darüber, warum ich bereit sein sollte für das Programm in die Tasche zu greifen.
Angepriesen wird es damit, dass es nicht nur einen Text schreiben kann, sondern ihn vielmehr managed. Soll heißen es geht nicht nur darum den Text zu schreiben, sondern das Programm verfügt auch noch über tausend andere wichtige Eigenschaften, die für einen Autor zum Erstellen seines Textes wichtig sein könnten.
Nun, in meinem Fall kann ich das nicht bestätigen, da das Programm nicht mal in der Lage war meine Testtexte zu speichern.
Überhaupt war das ganze Design des Programms sehr überfrachtet. Es gab einen Haufen Fenster und Knöpfe, die alle irgendwelche Funktionen hatten, die sich mir nicht erschlossen und die auch dann nicht erklärt wurden, wenn man den Mauscursor auf sie hielt.
Nach und nach habe ich mich also mit Hilfe von Testprojekten durch das Programm gearbeitet und konnte feststellen:
Das Rechtschreib- Grammatik- und Thesaurusprogramm ist noch das, was am Besten an der Sache funktioniert und noch am attraktivsten ist.

patchwork_500.jpg

Was das Anlegen von Figuren angeht, das hätte auch für mich noch interessant sein können, aber es funktionierte nicht richtig. Per Zufall bekam ich, ich weiß nicht mal wie, ein riesigen Steckbrief für eine Figur, bei dem alles abgefragt wurde, was man bei einer Figur wissen wollen würde.
Andererseits, schaffte ich es für eine zweite Figur nicht einmal auf diesen Steckbrief zu kommen. Wann er sich öffnet, scheint völlig willkürlich.
Gleiches galt für das Speicherverhalten. Mal wurden meine Testprojekte gespeichert, mal nicht. Warum war mir schleierhaft.

Webapplikation und Synchronisation:

Bisher habe ich das Programm nur auf meinem Rechner ausprobiert.
Für unterwegs soll es laut dem Entwickler etwas geben, dass sich das „Arbeitszimmer“ nennt und für zwanzig Euro zu kaufen ist. Dabei handelt es sich um einen Stick, auf dem das Programm sowie 16 GB Speicherplatz für Recherche oder aber Texte zu finden ist. Mit diesem soll es dem Autor auch unterwegs ermöglicht werden nicht auf sein geliebtes Schreibprogramm verzichten zu müssen.
Nachteil: Man braucht einen Rechner. Für Menschen die, wie ich, gern nur mit einem Smartphone bewaffnet unterwegs sind, ist diese Möglichkeit nicht die erste Wahl. Aber gut, immerhin, der Entwickler hat sich Gedanken gemacht.
Ein weiterer Weg ist der, unterwegs seine Texte auf einem anderen Medium weiter zu schreiben und nachdem man zu Hause angekommen ist, diese Texte einfach auf den Hauptrechner und in das Programm zu übertragen. Laut Aussage des Entwicklers soll das ganz einfach gehen. Egal ob man nun Dateien hin und herschieben möchte oder aber ganze Texte importieren will. Da ich das nach dem Speicherdebakel nicht ausprobiert habe, kann ich das weder bestätigen noch bestreiten. Demnach kann darüber wie gut oder schlecht die Synchronisation läuft, keine Aussage getroffen werden.

Fazit:

Ich würde mir das Programm nicht anschaffen. Anfänglich war ich noch von der Grammatikprüfung und der Thesaurusfunktion begeistert. Von der Art Figuren anzulegen und der Ausführlichkeit der Steckbriefe war ich dann etwas überfordert. Es werden viele Informationen gefordert. Wer das gern macht und seine Figuren bis in den letzten Winkel erforschen will, der mag glücklich damit werden, ich wäre auch mit einer abgespeckteren Version zufrieden gewesen. Was mich allerdings wirklich stört, sind die Speicherprobleme, die das Programm aufweist. Ehrlich, da wäre es mir lieber gewesen, etwas weniger Features zu haben und stattdessen mehr Augenmerk auf die essenziellen Dinge zu legen. Fast sechzig oder hundert Euro für ein Programm, dass die angelegten Sachen nicht speichert oder auch nur willkürlich Zugang zu den einzelnen Features gibt, ist es nicht wert. Die Anpreisung dass man mit diesem Schreibprogramm alles von der Idee, über die Figurenentwicklung, Recherche und das Schreiben, über das Editieren des Textes und zum Schluss der Konvertierung in ein entsprechendes Format machen kann, ist klar ein Fehlschluss.

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